Die Zirndorfer Stadtkirche St. Rochus

Baugeschichte

Baugeschichte - Grundriss 14. Jahrhundert
Bildrechte St. Rochus in Zirndorf

Die Kirche liegt auf einem von Norden nach Süden hin leicht abfallenden Hang am Nordrand der ursprünglichen bäuerlichen Siedlung Zirndorf, die sich entlang des Banderbaches und Hauptstraße erstreckte. Über Bauweise, Größe und Aussehen der ältesten Kirche ist nichts bekannt. Das heutige Gebäude, das nach Osten ausgerichtet ist, entstand durch mehrfache Umbauten und Erweiterungen eines heute noch nachweisbaren mittelalterlichen Langhauses aus dem 14. Jahrhundert:

Baugeschichte - Grundriss mit Seitenansicht
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Mauerteile dieser Kirche von rund 200m² Grundfläche sind in der westlichen Südwand des Langhauses und als vollkommen erhaltene Westfassade auf beiden Seiten des Turmes erkennbar. Wir wi ob damals bereits ein Turm in anderer Form als der jetzige vorhanden war. Aus den Baumaßen läßt sich jedoch entnehmen, dass die älteste heute noch nachweisbare Kirche in Zirndorf in allen Bauteilen aus einem Sechseck im Triangulationsverfahren entwickelt worden sein muss.

An der Ostwand war möglicherweise eine Chorapsis vorhanden, etwa in der Form, wie wir sie an der Heideckerkapelle des Münsters in Heilsbronn sehen. Das Gebäude war nicht eingewölbt u dürfte eine flache Bretter- oder Balkendecke gehabt haben.

Baugeschichte - Eingangsportal
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An die Westfassade dieses Gebäudes wurde, aus der Jahreszahl über dem Portal zu schließen, 1412 ein Turm angebaut, dessen Sandsteinlagen mit denen dieser älteren Fassade des Langhauses nicht übereinstimmen. Über einem quadratischen Grundriss erheben sich vier Turmgeschosse, deren Gliederung außen durch die Wasserabschlagsteine sichtbar wird.

Alle Geschosse sind durch Blendfriese aus dreiteiligen Spitzbogen profiliert, deren nach unten gezogene Maßwerkstäbe in den oberen Geschossen auf unterschiedlich gestalteten Konsolen sitzen, die mit Schildchen belegt sind. Auf der untersten Reihe der Westseite ruhen die Stäbe auf stark verwitterten, kaum mehr erkennbaren Konsolmasken.

Allein auf der Südseite hat sich die Bauplastik erhalten: am dritten und vierten Stab Fratzengesichter, am fünften ein Engelskopf, und am sechsten ein nacktes männliches Gesäß, was neben dem Kircheneingang als Abwehrzauber zu werten ist, da nach mittelalterlichem Volksglauben böse Kräfte durch obszöne Gebärden oder den Anblick obszöner Körperteile ferngehalten werden konnten. Die stilistische Verwandtschaft der Zirndorfer Schmuckformen zum Schmuck an den Kirchtürmen von Roßtal und Buchschwabach ist bekannt.

Baugeschichte - Steinmetzzeichen
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Im Turminneren haben sich ZirndorferInnen aller Altersgruppen und vieler Jahrhunderte durch Kritzeleien im Sandstein verewigt. Daneben finden sich aber auch Steinmetzzeichen der Bauleute. Demnach wa mindestens 21 Steinmetzen am Kirchenbau beteiligt, wobei immer eine Gruppe vorwiegend die Steine eines Stockwerks bearbeitet haben muss. Dies und die große Zahl der Werkleute läßt auf rasches Hochziehen des Bauwerkes schließen.

Der Turm misst 28 Meter vom Boden bis zum Dachansatz. Bis 1783 trug er einen Spitzhelm mit vier Scharwachtürmen. Diese Dachform wurde nach einem Blitzschlag beseitigt und durch eine 1788 fertiggestellte sog. Welsche Haube ersetzt. Es handelt sich dabei um eine 8 Meter hohe, geschweifte achtseitige Dachhaube mit Laterne und darüber liegendem Helmchen.

Auf beiden Seiten über dem gotischen Westportal finden wir die Wappen der Erbauer, des Burggrafen Friedrich V. und seiner Gemahlin Else von Bayern-Landshut. Die Torflügel dieses Portals mit ihren einfachen Beschlägen stammen noch aus der Erbauungszeit. Sie verschließen die ehemalige Eingangshalle mit ihrem Netzrippengewölbe, die heute als Kriegergedächtnisstätte dient. Der Turm war früher nur durch einen schmalen Einstieg auf der Westempore zugänglich. Der heutige Aufgang durch das Deckengewölbe der Eingangshalle wurde erst in späterer Zeit durchgebrochen.

Auf der Südwand des 3. Turmgeschosses befand sich eine schon 1536 nachweisbare Sonnenuhr, von der nur noch im 4. Spitzbogen des Blendfrieses eine fratzenhafte Gestalt als ehemaliger Halter des Schattenstabes vorhanden ist. Eine, wie es 1664 hieß, seit langem stillgelegte Turmuhr, deren Zifferblatt damals links neben der gotischen Schallöffnung angebracht war, wurde in diesem Jahr wieder in Gang gesetzt. Eine spätere Renovierung verlegte das Zifferblatt jedoch an seine heutige Stelle.

In der Mitte, wahrscheinlicher jedoch in der 2.Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Langhaus auf der Nordseite durch ein Seitenschiff erweitert. Eine Bauinschrift auf dem Pfeiler links neben dem Nordportal weist auf 1462 oder 1465 hin. Im Inneren wird nun die Nordwand durch drei hohe Spitzarkaden auf achteckigen Pfeilern zum Seitenschiff hin geöffnet, so dass der Blick frei wird auf die Kreuzrippengewölbe der drei westlichen Joche. Die Mauern dieses neuen Gebäudeteils sind weniger stark als die des Langhauses. Der Gewölbedruck wird daher auf der Nordseite durch vier Strebepfeiler abgefangen, von denen zwei an den Gebäudeecken schräg gestellt sind. Dem Strebepfeiler an der Nahtstelle zwischen Langhaus und Seitenschiff an der Westwand dürfte einer an der Ostwand gegenüber gelegen haben, der 1510 der Erweiterung zum Opfer fiel. Auf der Innenseite der Westwand treffen sich ein Arkadenbogen und eine Rippe der Wölbung in einer aus der Mauer wachsenden Konsole mit männlicher Maske.

Möglicherweise steht die Errichtung einer Westempore mit der Stiftung einer Frühmesse durch den Zirndorfer Pfarrer Herbst 1480 in Verbindung. Dafür spricht ein spätgotischer Emporenpfeiler mit geschnitzter Rosette, den Minunskeln pb und der Jahreszahl 1481, der beim Anbau einer späteren Empore hinter dem Altar wieder verwendet wurde.

Baugeschichte - Heutiger Grundriss
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Langhaus und Seitenschiff wurden dann 1510 um zwei Jochlängen bzw. um zwei Arkadenbogen nach Osten auf die heutige Länge der Kirche erweitert. Die Nahtstelle des alten und des neuen Gebäudeteils ist an der größeren Mauerstärke, dem ungleichmäßigen Rippenanschluss des 4. Joches und dem eingemauerten schrägen Strebepfeiler an der ehemaligen Nordostecke des Bauwerkes sichtbar.

Bereits 1505 war auf der Turmsüdseite - der Mode der Zeit entsprechend – eine Ölbergdarstellung angebracht worden, die später wieder beseitigt und durch eine Holzwand verschlossen wurde.

Das heutige Holztonnengewölbe der Kirche entstammt wie die Neugestaltung der Portale, der Fenster und ihrer barock bemalten Einfassungen einer noch vor dem Tode des Markgrafen Georg Friedrich abgeschlossenen Bauphase, während das neugotische Nordportal erst 1853 angebracht wurde. In diesem Jahr entfernte man dann auch die barocke Bauplastik über den Südeingängen. 1902 wurde die alte Sakristei abgebrochen und durch einen Neubau an der gleichen Stelle ersetzt.

Vier Grabplatten von in Zirndorf verstorbenen Prodekanen an der Außenmauer des Langhauses weisen darauf hin, dass der Platz um die Kirche früher Begräbnisstätte für die Orte des Pfarrsprengels war. Der Friedhof mit seiner damals großen Anzahl liegender Grabsteine, wie wir ihn von einem Stich von Chr.M.Roth aus dem Jahre 1759 her kennen, wurde erst 1838 aufgelassen.

Die noch erhaltene Wehrmauer an der Roten Straße im Westen mit ihren Bossenquadern läßt erkennen, dass wir es mit dem befestigten Friedhof einer Wehrkirche zu tun haben, wie ja auch der Turm mit seinen Wachttürmen als Glockenträger und Wehrturm zugleich angelegt war. Der Friedhof stand früher frei, um den Verteidigern Schussfeld nach allen Seiten zu geben. Er war durch ein heute verschwundenes Torhaus, d.h. einen befestigten Torturm zugänglich, der 1684 als Wohnung des Totengräbers erwähnt wird.

Unmittelbar neben diesem Turm stand früher an der Stelle des heutigen Mesnerhauses eine wahrscheinlich 1748 abgebrochene Kapelle, die jedoch bereits vor dem Dreißigjährigen Krieg profaniert war und als Wohnraum für das Gesinde des Pfarrers diente. 1717 wird sie als Wohnung des Schulmeisters erwähnt, der darin eine Schulstube eingerichtet hatte, die vom Dekan besonders gelobt wurde. Es spricht viel dafür, dass wir es bei dieser Friedhofskapelle mit einem Karner oder Beinhaus aus früherer Zeit zu tun haben.

1757, als der Verteidigungscharakter des befestigten Friedhofs militärisch überholt war und die Bebauung immer näher an die Mauern heran rückte, entstand in der Nordwestecke des Friedhofs das Kantoratshaus, das heute noch in seiner damaligen Form erhalten ist, während das 1748 errichtete Mesnerhaus 1836 aufgestockt wurde.

nach Helmut Mahr

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